Wenn heute von der Erzeugung elektrischer Energie die Rede ist, geht es um riesige Zahlen. Die Manager der Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU - amtliche Bezeichnung) rechnen in Mega-, Giga- und Terrawatten. Die paar Kilowatt Leistung, die aus dem Wasserrad oder der Turbine einer alten Mühle herauszuholen sind, gelten ihnen nichts. Sie halten für ausgemacht, daß die kleinen Wasserkräfte unwirtschaftlich sind, keinen ernst zu nehmenden Beitrag zur Energieversorgung liefern können und bestenfalls noch als romantische Relikte vorgroßtechnischer Zeiten gewissen musealen Wert haben.
Doch wieviel Strom braucht der Mensch? Ein Kleinstwasserkraftwerk mit, sagen wir, 20 Kilowatt installierter Leistung ist schon an einem Bach zu betreiben, den man mit hochgekrempelten Hosenbeinen oder geschürzten Röcken durchwaten kann. Die 20 Kilowatt entsprechen in etwa dem, was ein Kleinwagen wie der 2 CV, die Ente von Citroen, schafft, oder 0,001538 Prozent der Leistung eines 1300-Megawatt-Atom-Kraftwerkes.
Ein solches Kleinstwasserkraftwerk liefert soviel Strom, daß eine größere Familie damit ihren elektrischen Bedarf für Licht und Haushaltsgeräte decken kann. Außerdem bleibt noch genügend Strom, um damit zu heizen und einen kleinen Gewerbebetrieb zu versorgen oder Überschüsse ins Netz zu verkaufen.
In den vergangenen Jahrzehnten sind kleine Wasserkraftwerke zu Tausenden stillgelegt worden. Ihre Existenz paßte nicht zur Politik der Großstromerzeuger (Branchenjargon), die sie mit ihrer gebauten Marktmacht in die Pleite konkurrierten oder aufkauften und aus der Produktion nahmen. Erst in jüngster Zeit wird die Wasserkraft auch kleiner Flüsse und Bäche wieder neu entdeckt. Handwerker und Ingenieure, die sich aufs Mühlen- und Turbinenbauen verstehen, haben Konjunktur - wie in alten Zeiten die Mühlenärzte, jene wandergewerbliche Zunft, die landauf, landab Mühlen baute und reparierte.
Wie die Konjunktur läuft: In Karlsruhe betreibt der Elektroingenieur und vereidigte Kraftwerkssachverständige Hans Roth zusammen mit seinem Sohn ein kleines Unternehmen, rund 50 Leute, das sich auf den Bau von Wasserkraftwerken spezialisiert hat. Seit Anfang der Achtziger Jahre hat die Firma vorwiegend in dem Gebiet zwischen Koblenz und dem Bodensee mit Schwerpunkt im Schwarzwald mehr als 120 kleine Wasserkraftwerke wieder in Gang gesetzt, ausgebaut und neu installiert. Die Leistungen reichen von nicht einmal zehn bis zu mehreren hundert Kilowatt. Auftraggeber sind Privatleute, Gewerbe, Industrie und Kommunen.
Und das ist nur eines von vielen Unternehmen (siehe Anhang), die von der Wiederentdeckung der kleinen Wasserkräfte profitieren.
Verfasserangabe:
Friedrich Kur ; Heinz Georg Wolf
Jahr:
1995
Verlag:
Karlsruhe [u.a.], C. F. Müller [u.a.]
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P 121
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ISBN:
3-7880-7547-3
Beschreibung:
4. Aufl, 100 S. : Ill., graph. Darst.
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Mediengruppe:
Sachbuch